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Schäden beim Bauen

Wenn ein Architekt die Planung und Realisierung eines Bauprojektes übernimmt, kommt es immer wieder zu Fehlern. Oft werden diese im weiteren Bauablauf behoben. Das aber ist nicht immer möglich. Verbleibt dann ein Schaden, können sich knifflige Rechtsfragen stellen. Als Beispiel diene eine Entscheidung des Bundesgerichts (4A_90/2013).

Sachverhalt
Ein Architekt wurde mit der Planung und Realisierung eines Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung beauftragt. Als kritisch entwickelte sich beim konkreten Projekt die Entwässerung. Problematisch waren aufgrund der konkreten Umstände die Ableitung des Schmutzwassers und diejenige des Meteor- und Hangwassers. Der Architekt erstellte zur Lösung der Abwasserprobleme drei Konzepte. Das erste war völlig untauglich. Es wurde noch vor den Bauarbeiten durch ein zweites ersetzt, welches wenigstens die Problematik des Schmutzwassers über ein Pumpensystem löste. Erst nach dem Einzug des Bauherrn löste dann ein drittes, vom gleichen Architekten erstellte Entwässerungskonzept auch noch das Problem des  Meteor- und Hangwassers. Nach dem zweiten Konzept verlor aber der Bauherr die Geduld und realisierte mit einem Dritten ein völlig anderes, viertes Entwässerungskonzept, ohne den Architekten vorgängig zu informieren und ihm die Möglichkeit der Verbesserung zu geben. In der Folge forderte der Bauherr vom Architekten Ersatz der Kosten für die unterdessen nutzlos gewordenen Pumpen, für die Bauauftragung des Dritten sowie für weitere nutzlose Aufwendungen.

Rechte und Pflichten im Architekturverhältnis
Macht der Architekt Fehler, stellt sich zunächst die Frage, welches Recht auf den Architektenvertrag anwendbar ist, insbesondere ob Werkvertrags- oder Auftragsrecht gilt. Das Bundesgericht geht in konstanter Rechtsprechung davon aus, dass dabei von den einzelnen Teilleistungen des Architekten auszugehen ist. Bei der Planung bzw. Projektierung gelten werkvertragliche Regeln, welche erfolgsorientiert sind. Demgegenüber sind bei der Bauleitung auftragsrechtliche Bestimmungen anwendbar, welche ein sorgfältiges Handeln fordern. Im vorliegenden Fall, wo das Entwässerungskonzept bzw. die entsprechende Planung zur Diskussion stand, wurde deshalb Werkvertragsrecht angewendet.

Geltendmachung des Mangelfolgeschadens
Gemäss Vertrag mit dem Bauherrn schuldet der Architekt eine fehlerfreie Planung. Er schuldet aber nicht eine fehlerfrei Umsetzung der Planung. Dies ist Aufgabe des Bauunternehmers. Diese Unterscheidung ist wichtig. Ist nämlich die Planung, wie hier, mangelhaft, kann der Bauherr Nachbesserung der Planung, Minderung des Werklohnes oder in krassen Fällen Wandelung, d.h. Rücktritt vom Vertrag fordern. Ein Verschulden wird für diese drei Rechtsbehelfe nicht vorausgesetzt. Es genügen ein Mangel der Planung und eine rechtzeitige Rüge des Mangels.
Zusätzlich und unabhängig von diesen drei Rechtsbehelfen kann der Bauherr Ersatz des Schadens fordern, der als Folge der mangelhaften Planung entstanden ist. Vorausgesetzt ist dabei aber zusätzlich ein Verschulden des Architekten. Auch in diesem Fall ist zudem die rechtzeitige Rüge des Mangels nachzuweisen. Dieser Schaden wird Mangelfolgeschaden genannt. Beruht z.B. die mangelhafte Umsetzung der Planung durch den Bauunternehmer auf einem Mangel der Planung, so stellt das fehlerhaft erstellte Bauwerk einen Mangelfolgeschaden dar. Das ist von der mangelhaften Planung zu unterscheiden.

Durchsetzung des Mangelfolgeschadens
Um Mangelfolgeschaden geltend machen zu können, waren im Eingangsfall also nachzuweisen: Ein Mangel der Planung, rechtzeitige Rüge des Mangels, ein Mangelfolgeschaden und ein Verschulden des Architekten. Für die einzelnen Schadensposten gilt: Kosten für die  Pumpe: Das Pumpensystem wurde im zweiten Entwässerungskonzept zur Lösung des Schmutzwasserproblems vorgeschlagen und während des laufenden Vertragsverhältnisses realisiert. Diese Planung war für das Schmutzwasserproblem tatsächlich geeignet. Der Mangel des ersten Konzeptes wurde damit behoben. Dass das Pumpensystem gemäss viertem Konzept, also nach Vertragsbeendigung, nicht mehr notwendig war, musste den Architekten nicht kümmern. Es lag eben, weil der ursprüngliche Mangel während der Dauer des Vertragsverhältnisses behoben wurde, kein Mangel mehr vor.
Kosten für die Beauftragung des Dritten: Der Dritte hatte den im zweiten Konzept noch vorhandenen Mangel der Planung im Bereich Meteor- und Hangwasser behoben und dafür eine neue  Planung erstellt. Damit wurde der Mangel der Planung selbst behoben, nicht aber ein Mangelfolgeschaden verursacht. Diese Nachbesserungsarbeit aber stand bei der Vergabe an den Dritten vertraglich noch dem Architekten zu. Der Bauherr konnte damit nicht einen Dritten beauftragen, ohne dem Architekten vorgängig die Möglichkeit der Nachbesserung zu geben. Im dritten Konzept, also im Rahmen der Nachbesserung, hat der Architekt diesen Mangel zudem behoben. Auch dieser Schaden konnte deshalb vom Architekten nicht gefordert werden.
Fazit
Die Bedeutung des erwähnten Bundesgerichtsentscheids liegt darin, dass es erstmals zulässt, dass im Werkvertrag der Mangelfolgeschaden eigenständig und unabhängig von anderen Ansprüchen geltend gemacht werden kann. Allerdings ist, wie die Entscheidung auch zeigt, die Durchsetzung eines Mangelfolgeschadens nicht ganz einfach.