I. Auf die richtige Methode kommt es an
Der Philosoph Kant hat einmal gesagt, dass die Methode den Gegenstand bestimmt. Er meinte damit, dass je nach gewählter Methode andere Aspekte eines Erkenntnisobjektes beleuchtet werden und deshalb je nach Methode andere Resultate erzielt werden. Dies gilt speziell auch für die Bewertung von Liegenschaften. Nicht jede Methode ist für alle Liegenschaften geeignet. Es ist deshalb wichtig, die einzelnen Bewertungsmethoden zu kennen. Nachfolgend wird die statistische oder Marktvergleichsmethode näher vorgestellt.
II. Vorstellung der Marktvergleichsmethode
Die statistische oder Marktvergleichsmethode versucht den Wert einer Liegenschaft aus den Preisen, zu welchen in der Nähe der zu bewertenden Liegenschaft vergleichbare Immobilien tatsächlich gehandelt wurden, zu ermitteln.
Um diese Methode anwenden zu können, sind die folgenden Inputdaten erforderlich:
– Fläche der zu bewertenden Immobilie.
– Eine Anzahl tatsächlich verkaufter Immobilien: Es muss sich um Verkäufe handeln und es darf sich nicht um Immobilien handeln, welche getauscht oder im Rahmen einer Erbteilung übertragen wurden. Grundsätzlich wären 20 bis 30 solcher Verkäufe notwendig, um eine korrekte Bewertung erstellen zu können.
– Auflistung wesentlicher Merkmale der verkauften Immobilien: Zu diesen Merkmalen gehören insbesondere Grundstücksfläche, Preis, Lage, Alter, Zustand der Bausubstanz und Ausbaustandard.
Aus den Inputdaten wird zunächst ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis ermittelt. Die tatsächlich verkauften Objekte sind zudem mit dem zu bewertenden Objekt im Hinblick auf die wesentlichen Merkmale zu vergleichen. Das ergibt Zu- oder Abschläge. Aus dem durchschnittlichen Quadratmeterpreis und den Zu- / Abschlägen wird der Quadratmeterpreis ermittelt, welche für die zu bewertende Immobilie gilt.
III. Ein Beispiel
Das zu bewertende Einfamilienhaus weist die folgenden Fläche auf: 1‘200 m2.
Die Vergleichsobjekte weisen als Durchschnitt eine Fläche von 1‘000 m2 und einen Kaufpreis von CHF 500‘000 auf. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis beträgt damit CHF 500.
Bei den wesentlichen Merkmalen ist mit folgenden Zu- und Abschlägen zu rechnen:
Der Quadratmeterpreis des zu bewertenden Objektes wird daraus wie folgt ermittelt:
CHF 500 x 1.05 x 0.8 x 0.9 = CHF 378
Bei den 1‘200 m2 ergibt sich ein Wert für die zu bewertende Immobilie von CHF 453‘600.
IV. Vorteile / Nachteile
Vorteile der Methode: Der grosse Vorteil der Marktmethode ist die Ausrichtung am Markt, d.h. an effektiv erzielten Marktpreisen.
Nachteile der Methode: Die Marktmethode weist aber auch grosse Nachteile auf. Angaben zu den Preisen und Eigenschaften von gehandelten Objekten liegen meist nicht vor, weil diese Daten öffentlich kaum verfügbar sind. Es ist auch jeweils zu prüfen, ob die in den Verträgen angegebenen Preise mit den tatsächlich ausgetauschten Beträgen übereinstimmen. In Spanien z.B. ist dies kaum der Fall. Sehr schwierig festzulegen ist auch, was unter einem vergleichbaren Objekt verstanden wird. Der Schätzer hat sowohl bei der Auswahl der massgeblichen Merkmale wie auch bei der Festlegung der Merkmalsausprägungen einen sehr grossen Ermessensspielraum. Damit besitzt die Auswahl des Schätzers ein grosses Gewicht, wenn man weiss, dass die Marktmethode verwendet wird.
V. Schlussfolgerung
Aufgrund der erheblichen Nachteile wird die Marktmethode praktisch nur bei „standardisierten“ Immobilien angewendet. Darunter können Eigentumswohnungen, Reiheneinfamilienhäuser und Bauland verstanden werden.
Die Steuerämter besitzen meist grosse Datensammlungen über gehandelte Immobilien, weil sie bei jeder Handänderung einer Immobilie Grundstückgewinn- oder Handänderungssteuern erheben. Im Steuerrecht hat die Marktmethode deshalb noch eine gewisse eigenständige Bedeutung.