Im vergangenen Advisor-Beitrag ist die Funktionsweise und die immense Bedeutung des SWIFT-Systems für den weltweiten Austausch von codierten Daten bei internationalen Zahlungen oder Wertschriftentransaktionen etc. geschildert worden. Es nimmt im internationalen Finanzsystem eine eigentliche Schlüsselrolle ein. Das SWIFT-Netzwerk hat nun eben erst in der Ostschweiz eines von nunmehr total drei grossen Rechenzentren (neben jenen in den USA und Holland) eröffnet. Technisch ist es damit neu möglich, die aus Sicherheitsgründen notwendigen periodischen Sicherungs-Backups nur noch innerhalb von Europa zu spiegeln, was – wie beabsichtigt – für den Datenschutz von grosser Wichtigkeit ist. Nach den Terroranschlägen von 9/11 hat die USA nämlich damit begonnen, die Daten von SWIFT zum Aufspüren von Finanztransaktionen im Rahmen des Terrorist Finance Tracking Program (TFTP) auszuwerten. Kritiker, darunter auch das deutsche BKA, bezweifelten allerdings den Nutzen. Das Netzwerk „Aktion Finanzplatz Schweiz“ geisselte die Weitergabe der Daten etwa als Verstoss gegen das Bankgeheimnis. In Deutschland bekam SWIFT für die Weitergabe der Daten den Negativpreis „Big Brother“. Diese systematische Überprüfung der SWIFT-Daten ist jedoch auch in den Folgejahren nicht reduziert, sondern intensiviert worden und wird heute auch zur Bekämpfung der Geldwäscherei eingesetzt.
Bekannt gegeben werden müssen für die Abwicklung von inländischen und grenzüberschreitenden Zahlungen Informationen über den Auftraggeber, wie Name, Adresse und Kontonummer. Anstelle der Adresse können jedoch Geburtsdatum und Geburtsort des Auftraggebers angegeben werden. Im Inlandszahlungsverkehr sind diese Angaben nicht notwendig, müssen jedoch auf Verlangen innert 3 Tagen lieferbar sein. Bei der Abwicklung von inländischen und grenzüberschreitenden Wertschriftentransaktionen sind v.a. Titelein- und Titelauslieferungen sowie im Ausland gehaltene Wertschriftenbestände betroffen. Hier müssen den Zentralverwaltern und beteiligten Banken im In- und Ausland Daten über den Depotinhaber bekanntgegeben werden. Wurden die Daten über SWIFT abgewickelt, gelangten sie bisher bei Backups gezwungenermassen in die USA. Allerdings sind nun Daten, welche ins Ausland gelangen, dort nicht mehr vom schweizerischen Recht geschützt, sondern unterliegen den Bestimmungen der jeweiligen ausländischen Rechtsordnung. So konnten die USBehörden im Rahmen der Terrorfinanzierung in den USA die Herausgabe der SWIFT-Daten verlangen.
Die EU war schon immer bestrebt, den Zugriff der US-Behörden auf die SWIFT-Daten in den Griff zu bekommen; zunächst mit einem Abkommen mit der US-Treasury. Verpönt waren vor allem die sog. Jedermannkontrollen, auch Fishing genannt. Später wurde ein SWIFT-Abkommen mit den USA betreffend die Weitergabe von Bankdaten ausgearbeitet, allerdings beschränkt auf Transaktionen mit Nicht-EU-Ländern. Auch wenn Erfolge bei der Terrorverfolgung erzielt worden sind (Sauerland-Gruppe, Terror- Organisationen in Grossbritannien), war auch dieses eiligst provisorisch in Kraft gesetzte SWIFT-Abkommen mit den USA innerhalb der EU heftig umstritten. Es fehlten insbesondere Kontroll- und Vetomöglichkeiten den US-Behörden gegenüber. So wurde das Abkommen denn auch völlig überraschend am 10. Februar 2010 vom EU-Parlament abgelehnt, welches neu gemäss Lissaboner Vertrag darüber abstimmen konnte. Die EU-Diplomatie ist jedoch bereits emsig daran, ein neues SWIFT-Abkommen mit den USA auszuhandeln.
Für die Schweiz ist nun im Zusammenhang mit SWIFT folgende Befürchtung nicht von der Hand zu weisen: Rasch könnten die überschuldeten Regierungen der EU auf den Geschmack kommen und verlangen, dass die SWIFT-Daten nicht nur zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismus-Finanzierung, sondern eben auch zur Verfolgung von Steuersündern einzusetzen sind. So war denn auch bereits unlängst von deutscher Seite zu vernehmen, Steuerhinterziehung sei der Geldwäscherei gleichzusetzen!? Solche Parallelen sind jedoch unzulässig und in jedem Fall zu bekämpfen, hat doch ein Steuervergehen nichts mit einem Delikt der organisierten Kriminalität zu tun. Sie stossen denn auch im Ausland auf grossen Widerstand. Für die Schweiz ist jedenfalls aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes sicherzustellen, dass nicht ein „gläserner Bürger“ bei Bankdaten den Steuerbehörden etc. schutzlos ausgeliefert ist! George Orwell lässt grüssen!