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Bankgeheimnis I: Das OECD-Musterabkommen und der Art. 26

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Das Bankkundengeheimnis in der Schweiz ist an dieser Stelle auch schon vertieft behandelt worden. Es ist begründet worden nicht primär in der Absicht, vermögenden Ausländern einen sicheren und vor allem steuerfreien Hafen für ihre Millionen zu bieten, sondern im besonderen Verhältnis in der Schweiz zwischen der individuellen Privatsphäre einerseits und der staatlichen Hoheit, hier insbesondere der Steuerhoheit, andererseits. Jedem mündigen Bürger wird in der Schweiz zugetraut, dass er sein Vermögen ohne weiteres gegenüber den Steuerbehörden wahrheitsgetreu deklariert, ohne dass der Staat dies automatisch kontrolliert. Im Ausland ist solches offensichtlich unvorstellbar.

Der internationale Druck auf das schweizerische Bankgeheimnis hat in den letzten Jahren bekanntlich massiv zugenommen. Einer der Hauptgründe ist sicher im erhöhten staatlichen Finanzbedarf wegen der aktuellen Finanzkrise zu sehen. In den G-20 Staaten haben sich von unseren Nachbarländern insbesondere der deutsche Finanzminister sowie der französische Staatspräsident hervorgetan. Sie drängen insbesondere auf die vorbehaltlose Umsetzung des Informationsaustausches in Steuersachen gemäss OECD-Musterabkommen. Von diesem OECD-Standard ist heute vielfach die Rede; selten wird jedoch genau erklärt, um was es sich dabei eigentlich handelt. Haben die ausländischen Steuerbehörden nun automatisch den Zugriff auf die Informationen bezüglich der ausländischen Kunden von Schweizer Banken?

Bei erwähntem Musterabkommen handelt es sich um eine vom Steuerausschuss der OECD erarbeitete Vorlage für Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), die die Mitgliedsstaaten untereinander oder mit Drittstaaten abschliessen. Solche Abkommen werden seit langem schon zwischen den Staaten abgeschlossen – insbesondere mit dem für die betroffenen Bürger durchaus vorteilhaften Ziel, die doppelte Besteuerung des gleichen Sachverhalts in zwei Staaten zu vermeiden. Das Musterabkommen ist als blosse Empfehlung bei der bilateralen Aushandlung zwischen zwei Staaten ausgestaltet; es gilt als Verhandlungsgrundlage bei den konkreten Verhandlungen mit dem Ziel, eine grösstmögliche Vereinheitlichung herbeizuführen. Das Musterabkommen besteht in seiner ersten Fassung bereits seit 1963. Die Schweiz hat als Gründungsmitglied der OECD mit einer Mehrheit der insgesamt 30, und sicher mit allen massgeblichen Mitgliedsstaaten bereits seit längerer Zeit ein solches Doppelbesteuerungsabkommen gemäss OECD-Musterabkommen abgeschlossen.

Heute nun in aller Munde ist der Art. 26 des Musterabkommens, auf dessen Revision Steinbrück und Konsorten mehr oder weniger freundlich drängen. Er regelt im Abschnitt „Besondere Bestimmungen“ den Informationsaustausch zwischen den DBASteuerbehörden. Im Jahre 2005 revidiert bzw. verschärft sieht die Empfehlung heute eine umfassende Amtshilfe vor, d.h. die Informationen – inkl. Bankkundeninformationen – sollen generell ausgetauscht werden. Die Informationen dürfen dabei nicht allein mit der Begründung verweigert werden, dass sie sich im Besitze einer Bank befinden. Damit steht diese OECD-Richtlinie in diametralem Widerspruch zum schweizerischen Bankgeheimnis. Die Schweiz erneuerte deshalb 2005 ihren bereits früher gemachten formellen Vorbehalt zur Informationsaustausch-Bestimmung von Art. 26 insoweit, als dieser Austausch auf Anfrage nur bei Fällen von Steuerbetrug zugelassen wird. Die OECD-Partnerländer waren in den Folgejahren widerwillig bereit, diesen Vorbehalt und ähnliche auch von Österreich, Luxemburg und Belgien hinzunehmen. Diese Bereitschaft ist heute offensichtlich nicht mehr gegeben.

Was das für die Schweiz für Folgen hat und wie sie darauf reagiert hat, davon im nächsten Advisor.